2. Grundlage: Gemeinschaft
Nicht jeder ist ein geselliger Typ. Manche lieben die Einsamkeit und die Stille. Manche sagen: „Ich finde meinen Gott im Wald.“ Die Bäume, die Natur, die Schöpfung kann uns tatsächlich eine große Lehrmeisterin sein. Viele behaupten von sich: „Ich bin Christ.“ Und sie begnügen sich damit, an Heiligabend zur „Jahreshauptversammlung“ zu kommen. Aber können wir tatsächlich auf Dauer Christ bleiben, ohne die Gemeinschaft mit anderen Christen zu pflegen? Bei so viel Individualismus kann es nicht wundern, dass man uns in Mitteleuropa ein „müdes Christentum“ bescheinigt. Tradition ohne „Spirit“.
Unsere Frage heißt ja: Wie kann man Christ bleiben? Oder anders gestellt: Wie kann man bei Jesus bleiben? Jesus hat uns seine Adresse auf dieser Welt hinterlassen, eine präzise Anschrift, die man aufsuchen kann. Er hat gesagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich auch. Da bin ich zu finden. Da könnt ihr mit mir rechnen, wenn ihr bei mir bleiben wollt!“ Jesu Anschrift auf dieser Erde ist die Gemeinschaft derer, die auf ihn hören, mit ihm reden, seine Gegenwart feiern und für ihn vor anderen einstehen. Die Adresse Jesu heißt: Gemeinde. Bei Jesus bleiben, Christ bleiben, bedeutet daher zuallererst: In der Gemeinde der Christen bleiben. Denn hier, in der Gemeinde, fließen die Kräfte des Weinstocks in die Reben.
Dass Sie mich nicht missverstehen. Es geht nicht darum, Sie kirchlich zu aktivieren, weil Ihre Kirchengemeinde Mitarbeiter braucht. Es geht auch nicht um eine Form kirchlicher Vereinsmeierei. Es geht um Ihren Glauben und seine möglichst gesunde Entwicklung. Wenn ein Kind geboren wird – ich nehme das Bild vom Anfang dieser Station noch einmal auf – dann wird es ja in aller Regel in eine Familie hineingeboren. In der Familie erfährt das Kind Schutz, Geborgenheit und Zuwendung. Hier lernt es sprechen und laufen, übt sich ein in Sozialbeziehungen, entdeckt in der Begegnung mit den Familienangehörigen sich selbst in seinen Gaben und Grenzen. Eine halbwegs intakte Familie schafft die notwendigen Voraussetzungen dafür, dass sich das neugeborene Leben gesund entwickeln kann. Wenn ein Mensch zum Glauben kommt, dann wird er auch in eine Familie hineingeboren; in die Familie Gottes.
Er bekommt nicht nur einen Vater im Himmel, sondern auch Schwestern und Brüder. Die Gemeinde ist die Krabbelstube des Glaubens: Hier kann man im Glauben die ersten Schritte tun. Mit älteren Geschwistern, die schon ein paar Meter Glauben hinter sich haben, lernt man, als Christ zu leben, lässt sich durch sie herausfordern und wird Stück für Stück reifer. Christsein heißt: Mit Christus und mit anderen Christen verbunden sein. Wir brauchen die Gemeinschaft [Link: 8.Station, Nr.20], wir brauchen die Gruppe, wir brauchen das Gegenüber, das uns stützt und mitreißt und ergänzt und manchmal auch korrigiert.